Winternacht am See

Februar 2018.

Eine der weni­gen weit­ge­hend kla­ren Näch­te in die­sem Win­ter! Es ist Ende Febru­ar und bit­ter­kalt, das Ther­mo­me­ter zeigt beim Los­fah­ren gegen 23 Uhr minus 9 Grad. Das sind Tem­pe­ra­tu­ren, wo es nicht mehr schneit. Und da sich Schnee in unse­rer Gegend — der Rhein­ebe­ne — ohne­hin rar macht, und es auch sonst trocken ist, gestal­tet sich zumin­dest die Fahrt zum See sehr unpro­ble­ma­tisch.

Es ist schon selt­sam, im tief­sten Win­ter und nachts an einen Ort zu kom­men, den man sonst nur an hei­ßen Hoch­som­mer­ta­gen auf­sucht. Die Stim­mung ist nicht ver­gleich­bar! Auch ande­res fällt mir auf — der Schot­ter­bo­den auf dem Park­platz etwa, der im Som­mer stau­big und beweg­lich ist: Jetzt ist er hart­ge­fro­ren, das Dar­über­fah­ren und ‑lau­fen fühlt sich eigen­tüm­lich an.

Außer mir ist hier nie­mand. Wer woll­te auch bei so unwirt­li­chen Bedin­gun­gen an die­sem Ort sein? — Ich klet­te­re über den Wall zum See hin­un­ter, und ich genie­ße die Ein­sam­keit, wie ich es immer tue. Der Mond ist nahe­zu voll und zau­bert irre Schat­ten der kah­len Bäu­me auf den Strand. Auch hier ist der Sand hart­ge­fro­ren. Mei­ne klei­ne Hoff­nung auf einen — viel­leicht zumin­dest ansatz­wei­se — zuge­fro­re­nen See erfüllt sich nicht. Die win­zi­ge Eis­schicht in Ufer­nä­he ist kaum wahr­nehm­bar. Aber den­noch war­ten eini­ge schö­ne Moti­ve! Da der See hin­ter einem Wall und etwas in der Tie­fe liegt, ist es dort ange­nehm wind­ge­schützt, und ich spü­re die Käl­te nicht so. Aller­dings geht es mir mei­stens so beim Foto­gra­fie­ren — wenn mich die Begei­ste­rung packt, prallt unschö­ne Wit­te­rung weit­ge­hend an mir ab.

Die Schat­ten kah­ler Bäu­me durch den Win­ter­mond, das ist etwas Wun­der­schö­nes. Mir kom­men Tex­te, Wör­ter, Lied­fet­zen in den Sinn, man­ches nicht wirk­lich greif­bar, ande­res taucht aus Erin­ne­run­gen auf und wird plötz­lich wie­der sehr prä­sent. Ich ertap­pe mich dabei, wie ich reg­los und taten­los neben mei­nem Sta­tiv ste­he und dem Wort­wirr­warr in mei­nem Kopf lau­sche, den Ort auf mich wir­ken las­se. Es ist wun­der­bar, sich das lei­sten zu kön­nen — die Frei­heit dazu zu haben, ohne sich jeman­dem erklä­ren zu müs­sen. Ohne Eile, ohne einen bestimm­ten Anspruch an mich, an die Nacht.

Aber dann mache ich natür­lich doch eine gan­ze Rei­he Bil­der!

Die Bil­der ent­ste­hen alle mit Sta­tiv. Ich schlie­ße die Blen­de weit und belich­te lan­ge, um die­sen schö­nen Mond­strah­len­ef­fekt zu erzie­len. Es ist so hell, dass sogar der Auto­fo­kus ein­wand­frei arbei­tet. Ich mache auch zum ersten Mal mit dem Tele eini­ger­ma­ßen ernst­haf­te Bil­der vom Mond. Mein 70–200er bringt mir erstaun­li­che Ergeb­nis­se, mit denen ich gar nicht gerech­net hät­te!

Natür­lich teste ich auch, wie gefro­ren das Was­ser am Ufer ist, und ob sich etwas für Bil­der eig­net — aber dazu braucht es wohl doch einen deut­lich tie­fe­ren Win­ter oder einen fla­che­ren See.

Es mögen an die drei Stun­den gewe­sen sein, die ich dort drau­ßen ver­bracht habe. Und daheim muss­ten die Bil­der natür­lich gleich begut­ach­tet und einer ersten Bear­bei­tung unter­zo­gen wer­den — ich kann ein­fach nicht anders.